Suchen, halten oder borgen?

HERAUS-  
FORDERUNG 
FACHKRÄFTE-
MANGEL 

Viele Branchen leiden seit Jahren unter dem Fachkräftemangel – 
manche weniger, manche mehr. 


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NEUE 
MITARBEITER-
GRUPPEN
ERSCHLIESSEN

Eine knappe Mehrheit der befragten Führungskräfte, die den Fachkräftemangel als große Herausforderung betrachten, sieht in der Vergrößerung der Personaldecke den besten Ausweg. …

EINSATZ 
VON 
EXTERNEN FACHKRÄFTEN

Laut Institut für Mittelstandsforschung gingen 2020 in Deutschland etwa 3,6 Millionen Menschen in ihrer (Haupt-)Erwerbstätigkeit einer selbstständigen Tätigkeit nach. …

MASSNAHMEN 
ZUR BINDUNG 
VON 
MITARBEITENDEN

Der Fachkräftemangel verleiht der Bindung der Mitarbeitenden eine neue Bedeutung. Denn jede Fachkraft, die das Unternehmen verlässt, muss mit zunehmendem Aufwand und Risiko ersetzt werden. … 

Viele Branchen leiden seit Jahren unter dem Fachkräftemangel – manche weniger, manche mehr. Der VDI-/IW-Ingenieurmonitor gab für das erste Quartal 2022 mit 151.300 offenen Stellen einen neuen Rekordwert bekannt. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks geht sogar von mehr als 250.000 offenen Stellen in seinen Innungen aus.

Diejenigen Studienteilnehmer, die den Fachkräftemangel schon jetzt als „große“, „sehr große“ oder „eher große“ Herausforderung betrachten, sollten den wichtigsten Ansatzpunkt nennen, mit dem ihr Unternehmen gegensteuert. Das heißt, sie hatten nur eine Antwortmöglichkeit. Etwas mehr als die Hälfte (52 Prozent) gibt an, bevorzugt neue Mitarbeitende einstellen zu wollen. Für 43 Prozent hat die Bindung der bereits beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Priorität, und sechs Prozent weichen am ehesten auf die Dienste externer Fachkräfte aus.

Im Branchenvergleich zeigt sich, dass die genannten Zahlen im Dienstleistungsbereich und in der Industrie nahezu identisch mit der Gesamtheit sind. Nur im öffentlichen Sektor hat die Bindung von Mitarbeitenden für etwas mehr als jede zweite Führungskraft (51 Prozent) Vorrang vor Neueinstellungen (43 Prozent). Die Nutzung externer Fachkräfte ist auch hier für 6 Prozent das erste Mittel der Wahl gegen Personalengpässe.

Für Führungskräfte in kleineren Unternehmen mit weniger als 500 Beschäftigten hat die Bindung der bestehenden Mitarbeitenden oberste Priorität. Je größer das Unternehmen von der Mitarbeiterzahl ist, desto häufiger nennen die Befragten die Einstellung neuen Personals an erster Stelle.

Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel
Basis: Herausforderung Fachkräftemangel – sehr groß bis eher groß (n=321)

NEUE
MITARBEITER-
GRUPPEN 
ERSCHLIESSEN

Eine knappe Mehrheit der befragten Führungskräfte, die den Fachkräftemangel als große Herausforderung betrachten, sieht in der Vergrößerung der Personaldecke den besten Ausweg. Doch wenn alle mehr aus dem schrumpfenden Reservoir an Beschäftigten schöpfen wollen, müssen neue Personengruppen für den Arbeitsmarkt erschlossen werden.

Dafür kommen mehrere Zielgruppen infrage. Zum einen können Unternehmen versuchen, mehr Frauen in Vollzeit oder vollzeitnahe Beschäftigungsverhältnisse zu bringen. Immerhin stellen sie mit 51 Prozent die Bevölkerungsmehrheit. Zum anderen lassen sich Anreize und Arbeitszeitmodelle schaffen, um ältere Mitarbeiter zum Verbleib im Unternehmen zu bewegen oder mit Aussicht auf Erfolg anzuwerben.

Die Einstellung von Quereinsteigern ist eine weitere Möglichkeit, die Beschäftigtenbasis zu verbreitern. Eine vierte Zielgruppe, die in vielen Branchen noch nicht ausreichend angesprochen und beschäftigt wird, sind Menschen mit familiärer Einwanderungsgeschichte. 2019 hatten dem Mikrozensus zufolge 21,2 Millionen Menschen in Deutschland einen Migrationshintergrund. Das entspricht 26 Prozent der Bevölkerung.

Befragt nach den Maßnahmen zur Erhöhung der Mitarbeiterzahl gibt etwas mehr als die Hälfte (53 Prozent) der Bereichs-, Abteilungs- und Teamleiter an, mehr Frauen in Vollzeit oder vollzeitnahe Jobs bringen zu wollen. Vor allem von den Teilnehmern aus der Industrie (59 Prozent) wird diese Maßnahme häufig genannt.

44 Prozent der Befragten bemühen sich, ältere Arbeitnehmer länger im Unternehmen zu halten oder zur Erhöhung der Beschäftigtenzahl neu einzustellen. Mit 46 Prozent nennen das besonders häufig die Befragten aus dem Dienstleistungsbereich. Die Industrie ist hier zurückhaltender (39 Prozent).

Etwas mehr als jede dritte befragte Führungskraft (38 Prozent) will künftig Quereinsteigern eine Chance geben, auch wenn deren Kompetenzprofil erst noch durch betriebliche Weiterbildung geschärft werden muss. Hier ragt der öffentliche Sektor heraus: 56 Prozent der hier Verantwortlichen wollen damit die Personaldecke vergrößern.

37 Prozent der Befragten setzen auf Menschen mit Migrationshintergrund. Nur von öffentlichen Arbeitgebern wird diese Maßnahme mit 24 Prozent deutlich seltener genannt. Das dürfte unter anderem an der in Artikel 33 Grundgesetz verankerten Sicherstellung gleicher Zugangsvoraussetzungen im öffentlichen Dienst liegen: Eignung, Befähigung und fachliche Leistung sollen die entscheidenden Kriterien bei der Personalauswahl sein. Der häufig noch vorhandene Aufholbedarf bei Ausbildungsabschlüssen und Qualifikationen von Menschen mit familiärer Einwanderungsgeschichte verringert für Bund, Länder und Kommunen den Spielraum für Neueinstellungen. 

Maßnahmen zur Erhöhung der Mitarbeiteranzahl
Basis: Alle Befragten (n=409)

23 degrees

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EINSATZ 
VON EXTERN 
FACHKRÄFTEN

Laut Institut für Mittelstandsforschung, das sich auf entsprechende Zahlen des Mikrozensus stützt, gingen 2020 in Deutschland etwa 3,6 Millionen Menschen in ihrer (Haupt-)Erwerbstätigkeit einer selbstständigen Tätigkeit nach. Davon waren zwei Drittel Männer und ein Drittel Frauen. Die Selbstständigenquote beträgt 8,6 Prozent.

Während die Zahl der Freelancer seit Jahren leicht rückläufig ist, hat sich das Potenzial der Mitarbeitenden in Arbeitnehmerüberlassung in den vergangenen zehn Jahren nahezu verdoppelt. (Ohne die Freisetzungen als Folge der Corona-Pandemie wären es weit mehr.) Im Jahresdurchschnitt 2021 waren 816.000 Personen in der Arbeitnehmerüberlassung tätig. Ihr Anteil an der Gesamtbeschäftigung liegt bei 2,1 Prozent. Bei den Männern sind vor allem Schlosser, Mechatroniker und Elektroniker gefragt, die Frauen sind zumeist in Organisations-, Verwaltungs- und Büroberufen tätig.

Die wichtigsten Gründe für den Einsatz externer Fachkräfte sind akute Personalengpässe (46 Prozent), ein leergefegter Arbeitsmarkt für vakante Positionen sowie fehlende Expertise auf bestimmten Gebieten (jeweils 29 Prozent). Etwas mehr als jeder vierte Befragte (27 Prozent) betont, dass sich die notwendigen Kompetenzen nur durch Freelancer oder Mitarbeitende in Arbeitnehmerüberlassung beschaffen lassen. Die Annahme neuer Aufträge sowie die Zunahme von Projektarbeit (jeweils 25 Prozent) machen den gezielten Rückgriff auf das Wissen von Externen ebenfalls erforderlich. Fast jeder vierte Betrieb (23 Prozent) verfolgt das Modell des „atmenden Unternehmens“, etwas mehr als ein Fünftel (21 Prozent) hat während der Corona-Pandemie die Zunahme an Flexibilität dank des Einsatzes externer Fachkräfte schätzen gelernt.

Ein gutes Drittel (36 Prozent) der Studienteilnehmer gibt an, dass ihr Unternehmen vereinzelt Freelancer einsetzt. Weitere 19 Prozent setzen sogar verstärkt auf diese Form von externer Unterstützung. Vor allem in der Industrie greifen fast zwei Drittel der Befragten vereinzelt (39 Prozent) oder verstärkt (25 Prozent) darauf zurück. Im öffentlichen Sektor nutzt nicht einmal jeder Dritte Selbstständige: 27 Prozent davon vereinzelt und 5 Prozent in jüngster Zeit vermehrt.

Etwas verbreiteter ist der Einsatz von Mitarbeitenden in Arbeitnehmerüberlassung. Fast jedes zweite an der Umfrage teilnehmende Unternehmen (49 Prozent) nutzt vereinzelt, fast jedes achte (12 Prozent) häufiger diese Form der Unterstützung. Das gilt erwartungsgemäß besonders für die Industrie, in der fast drei Viertel aller Führungskräfte entweder vereinzelt (53 Prozent) oder verstärkt (20 Prozent) darauf setzen. In der Dienstleistungsbranche (47 Prozent) und dem öffentlichen Sektor (48 Prozent) ist die Arbeitnehmerüberlassung, wenn auch in etwas geringerem Umfang als in der Industrie, ebenfalls etabliert. 

Nur 14 Prozent der Studienteilnehmer geben an, keine externen Fachkräfte zu beschäftigen. Während in der Industrie nur 5 Prozent auf sie verzichten, sind es im öffentlichen Sektor mehr als ein Viertel (27 Prozent).

Nur 14 Prozent der Studienteilnehmer geben an, keine externen Fachkräfte zu beschäftigen. Während in der Industrie nur 5 Prozent auf sie verzichten, sind es im öffentlichen Sektor mehr als ein Viertel (27 Prozent). 

Einsatz von externen Fachkräften
Basis: Alle Befragten (n=409)

23 degrees

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Nahezu jede zehnte befragte Führungskraft (9 Prozent) setzt bei der Expansion ins Ausland auf Partner – das gilt sowohl für die Industrie als auch für Dienstleistungen und den öffentlichen Sektor.

VERLAGERUNG
DER ARBEIT
AN DRITTE

Unternehmen haben neben der Neuanstellung von Mitarbeitern sowie dem vermehrten Einsatz von Freelancern und Mitarbeitenden in Arbeitnehmerüberlassung weitere Optionen, um auf den Fachkräftemangel zu reagieren. Schließlich lässt sich die Wertschöpfung des eigenen Unternehmens auch durch die Kooperation mit Partnern oder die Verlagerung von Geschäftsprozessen nach außen anpassen. Interessant sind dabei die Zahl der strategischen Partner sowie der Ansatz für die Expansion in ausländische Märkte. Sie kann nicht nur durch eigene Landesgesellschaften, sondern auch durch Partner erfolgen.

Fast zwei Drittel der von uns befragten Führungskräfte (62 Prozent) geben an, ihre Kooperation mit Partnern ausbauen zu wollen. Besonders hoch ist der Anteil bei den Dienstleistern (65 Prozent) und in der Industrie (63 Prozent), weniger ausgeprägt ist er im öffentlichen Sektor (51 Prozent). Die Verlagerung von Geschäftsprozessen nach außen plant jeder dritte Befragte (33 Prozent) – vor allem in der Industrie (44 Prozent) ist das ein häufig genanntes Ziel. Etwas mehr als ein Viertel der Befragten (26 Prozent) will die Zahl seiner strategischen Partner auf einige wenige beschränken. Mehr als neun von zehn Befragten (91 Prozent) gehen mindestens einen der drei genannten Wege zur Anpassung der Wertschöpfung ihres Unternehmens. Nur im öffentlichen Sektor verzichtet ein gutes Viertel (27 Prozent) auf diese Möglichkeiten.

MASSNAHMEN
ZUR BINDUNG
VON MITARBEITENDEN

Der Fachkräftemangel verleiht der Bindung der Mitarbeitenden eine neue, eminent wichtige Bedeutung. Denn jede Fachkraft, die das Unternehmen verlässt, muss mit zunehmendem Aufwand und Risiko ersetzt werden. Überdies sind zufriedene Beschäftigte die besten Multiplikatoren für einen Arbeitgeber. Unternehmen sind deshalb gut beraten, sich intensiv um die Bindung ihrer Belegschaft zu bemühen. Unsere Studienergebnisse zeigen, dass sich viele Führungskräfte dieser Situation vollauf bewusst sind.

Fast zwei Drittel der befragten Mangerinnen und Manager (62 Prozent) ermöglichen den Mitarbeitenden flexible Arbeitszeiten. Mehr als die Hälfte (54 Prozent) versucht sie mit höheren Gehältern an sich zu binden. Besonders bei jüngeren Beschäftigten können Unternehmen mit Maßnahmen für eine bessere Work-Life-Balance punkten, was bereits fast die Hälfte (47 Prozent) der Befragten anbietet.

Jeweils mehr als ein Drittel der befragten Unternehmen setzt auf gezielte und attraktive Weiterbildungsangebote (39 Prozent) sowie weitgehend freie Homeoffice-Regelungen (37 Prozent). Die weichen Faktoren Betriebsklima (34 Prozent) und kultureller Zusammenhalt (20 Prozent) will jeder dritte beziehungsweise fünfte Betrieb fördern.

Obwohl es indirekt den Fachkräftemangel verstärkt, bietet mehr als ein Viertel der Befragten (28 Prozent) seinen Mitarbeitenden die Möglichkeit der Verkürzung der Arbeitszeit auf eine Vier-Tage-Woche oder Teilzeitregelungen. Das ist im Zweifelsfall allemal besser, als eine Fachkraft ganz zu verlieren. 

Maßnahmen zur Bindung der Mitarbeitenden
Basis: Alle Befragten (n=409)

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